Seit etlichen Jahren geht die politische Entwicklung weg von Europäischer Einigung und weltweiter friedlicher Koexistenz. Die Globalisierung führt zur Auflösung räumlich gewachsener Milieus und provoziert damit Gegenreaktionen sozialer und nationalistischer Abschottungen. Das letzte Buch des Soziologen Zygmunt Baumann im Jahr 2017 trug entsprechend den Titel „Retrotopia". „Make America Great Again" lautete damals unter Donald Trump die Parole in den USA – nicht vorwärts sollte es gehen, sondern zurück, in eine angeblich noch heile Welt der Vergangenheit. 2024 tritt Donald Trump mit diesem Slogan erneut als Präsidentschaftskandidat zur Wahl an.
Und auch in Europa kommt es zu einem besorgniserregenden Erstarken ideologisch rechtsstehender Kräfte, die einen „roll back" anstreben, wie die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen zeigen. Diversität, Emanzipation von Frauen und Queeren, Demokratie und Liberalismus sind ihre Feindbilder, denen nationale und völkische Einheitlichkeit, traditionelles Familienbild, eine überkommene Moralvorstellung und starker Staat oder gar autoritäres Führertum entgegengesetzt werden.
Ausstellung und Vortrag unternehmen den Versuch einer Erklärung dieser rückwärtsgewandten, restaurativen Tendenzen und verfolgen die Herkunft des „retrotopischen Denkens" bis zum römischen Dichter Vergil zurück, der auf dem Höhepunkt der Krise der Römischen Republik in seiner „Bucolica" den mythischen Ort entwarf, an dem die politischen Probleme der Gegenwart vergessen werden können. In der Renaissance wiederbelebt, zieht die Idee „Arkadien" ihre Spur durch die europäische Kulturgeschichte und wird im 19. und 20. Jahrhundert mit jenen toxischen Elementen aufgeladen, die im Nationalsozialismus ihre verheerende Wirkung entfaltet haben. Derzeit erscheint es nicht ausgeschlossen, dass ein „toxisches Arkadien" im 21. Jahrhundert erneut Konjunktur erhalten könnte.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von Vergil bis ins 20. Jahrhundert und zeigt eine Auswahl von Fotografien und Texten zum Thema, die der Künstler im begleitenden Vortrag erläutert. Im Anschluss kommt er darüber mit Jürgen Kippenhan und dem Publikum ins Gespräch.
Arthur Jaworski, 1947 in Düren geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte in Aachen, unterrichtete anschließend als Gymnasiallehrer Deutsch und Geschichte und arbeitet seit 2013 als freischaffender Fotograf mit den Schwerpunkten Natur- und Stadtfotografie. Seine Arbeiten wurden in verschiedenen Ausstellungen gezeigt, u.a. im Kunstwechsel. Ein Raum für Künstler, dem Centre Charlemagne Aachen und dem Haus der Geschichte in Bonn.
Eintritt frei!